Ranunculus repens, der Kriechende Hahnenfuß, versucht im Staudenbeet die Alleinherrschaft zu erringen, seine Ausläufer und Wurzeln sind überall. Am unangenehmsten sind sie zwischen den Rhizomen der Schwertlilien, da ist herankommen fast unmöglich. Aber auch überall sonst hab ich mit Grabegabel oder auch nur mit einem kleinen Schäufelchen keine Chance. Blumenzwiebeln stehen dicht an dicht, dazwischen Wurzeln von Rosen, Stauden und den drei Obstbäumen, die die Vorbesitzer merkwürdigerweise mitten ins Staudenbeet gepflanzt haben. Mit einem großen Schraubenzieher rücke ich schließlich dem Hahnenfuß zuleibe, das geht ganz gut, nur dauert es ewig.
Auf dem Beet liegen inzwischen die Blätter der Obstbäume und der Mist, den ich aufgebracht hatte, nachdem ich zwischen zu dicht stehenden Stauden Platz geschaffen hatte. Und während ich so hockend nach Hahnenfußwurzeln bohre, schiebt sich plötzlich ein Regenwurm aus der Erde. Nicht waagerecht, wie es von so einem Tier zu erwarten wäre, sondern kerzengerade dem Himmel entgegen, bis sich fast sechs Zentimeter Wurm senkrecht über dem Beet recken. Verblüfft schau ich, was passiert. Doch als er seinen Körper im Kreis zu schwenken beginnt, was wie ein äußerst skurriler Wurmtanz aussieht, beginne ich zu verstehen. Wie sonst sollten er und seine Familie Blätter und Blattstiele in den Boden ziehen? Sehen kann er nicht, mit Händen greifen auch nicht, also muß er den ganzen Körper einsetzen, um etwas nahrhaftes zu finden und es dann pythonartig umschlingen und in den Untergrund ziehen.
Die fest zwischen die Granitsteine an der Terrasse geklemmten Blätter, die stückweise verschwanden und an deren Stelle hübsche Häufchen von Regenwurmkot auftauchten, hatten mich schon oft fasziniert. Aber wie das genau passiert, hatte ich noch nie beobachten können. Schade war nur, daß die Kamera in diesem Augenblick nicht zur Hand war.